Europarundflug

Europarundflug 1932

Dieser Bericht basiert ursprünglich auf diesem Wikipedia-Artikel, geschrieben von Michal Derela.

Der „Wanderpreis des internationalen Rundfluges“ 1932 war der dritte internationale Sportflugzeugwettbewerb (Französisch: Challenge international de Tourisme), er fand zwischen dem 12. und 28. August 1932 in Berlin statt. Die insgesamt 4 Wettbewerbe, von 1929 bis 1934 waren große Luftfahrtereignisse im Vorkriegs-Europa. Es wurden Flugblätter, die die Piloten und die neuen Flugzeuge vorstellten, gedruckt. Deutschland organisierte den Wettbewerb, weil ein deutscher Pilot, Fritz Morzik, den vorherigen Wettbewerb gewonnen hatte.

Fritz Morzik auf der D-2304
Fritz Morzik auf der D-2304

Die originalen Ausschreibungsunterlagen der F.A.I. bzw des Aeroclubs Deutschland finden sich hier.

Die Vorbereitung der Deutschen

Anlässlich des Europarundfluges 1932 wurden in Deutschland durch die Firmen Heinkel, BfW (Messerschmitt), Klemm und die Akaflieg neue Flugzeuge entwickelt. Auch Raab stellte ein Modell vor. Diese sollten durch die DVS Schleißheim erprobt werden. Die elegantesten Flugzeuge wurden von Messerschmitt und Heinkel konzipiert:

Freitragende Tiefdecker mit ähnlichen Flugleistungsdaten. Die ersten Versuchsmuster (He 64a WNr. 404 und He 64b WNr. 409) trafen zusammen mit je einer Klemm Kl 32 und einer BFW M 29 am 28. April 1932 in Schleissheim ein.

Bereits am 29. April stürzte die Heinkel He 64a (die einzige He 64 mit dem später so typischen Heinkelschen elliptischen Flügel) bei Überziehversuchen ab. Dabei wurde der Pilot, Oskar Notz, tödlich verletzt. Notz war ein erfolgreicher Teilnehmer der vorherigen Europarundflüge gewesen.

Die Heinkel 64 a mit dem elliptischen Flügel – und nach dem Absturz in Schleissheim (Foto von Peter Achs) grosse Version hier

He 64 Absturz
He 64 nach dem Absturz in Schleissheim – Foto Peter Achs

Die Messerschmitt stand ebenfalls unter einem ungünstigen Stern. Auch sie erlitt bei der Erprobung einen Unfall. Da später auch ein weiteres Flugzeug diesen Typs abstürzte, untersagte die DVL kurz vor Beginn des Wettbewerbs die Teilnahme der Messerschmitts am Wettbewerb komplett. Dem Vernehmen nach, war die Messerschmitt einfach zu leicht gebaut; zwei mal hatte die Fläche abmontiert. Andere Quellen nennen das Pendelhöhenruder als wahrscheinlichste Ursache.

Messerschmitt M29
Messerschmitt M29

Dadurch musste aber die Pilotin Elly Beinhorn, die in einem der Heinkel-Flugzeuge am Wettbewerb teilnehmen sollte, ihren Platz für einen der männlichen Kollegen, der eigentlich auf der Messerschmitt trainiert hatte, räumen.

Elly Beinhorn an ‚ihrer‘ He 64?

Elly Beinhorn vor der D-2304
Elly Beinhorn vor der D-2304
Der eigentliche Wettbewerb

Die Anzahl der Flugzeuge war kleiner – 43 verglichen zu 60, weil der Wettbewerb mit der Zeit sehr viel schwieriger wurde und große fliegerische Fertigkeiten und weiterentwickelte Flugzeuge verlangte. Dennoch war das Teilnehmerfeld beträchtlich gemessen an der schlechten Wirtschaftslage, in der sich Europa 1932 befand.

Diesmal hatten die meisten Länder spezielle Flugzeuge für diesen Wettbewerb entwickelt. Nur die Franzosen kamen mit leicht modifizierten Serienflugzeugen, was sich im Ergebnis des Rundfluges wiederspiegelte. Die Engländer waren nicht angetreten, da die strenge Gewichtsbeschränkung die zuverlässigen, aber schweren Doppeldecker der Engländer benachteiligten.

Teams aus 6 Ländern gingen in den Wettbewerb:

  • Deutschland (15 Besatzungen)
  • Italien (8 Besatzungen)
  • Frankreich (8 Besatzungen)
  • Polen (5 Besatzungen)
  • Tschechoslovakien (4 Besatzungen)
  • Schweiz (2 Besatzungen)

Die englische Pilotin Winifred Spooner ging im italienischen Team in den Wettbewerb, als einzige weibliche Teilnehmerin (auf Breda Ba-33).

Winifred Spooner September 1900 - 13. Januar 1933
Winifred Spooner September 1900 – 13. Januar 1933

Ein Kanadier und ein Rumäne nahmen an dem Wettbewerb im deutschen Team teil.

Der Wettbewerb begann am 12. August 1932 in Berlin-Staaken.

Berlin-Staaken aus dem Zeppelin
Berlin-Staaken aus dem Zeppelin Foto:Zeppelin

Er bestand aus 3 Teilen: Technische Wertungen, ein Rennen über Europa und ein Höchstgeschwindigkeitstest. Weil eines der Ziele des Wettbewerbs war, Fortschritt im Flugzeugbau zu generieren, war es nicht nur ein Piloten-Wettkampf, sondern die technischen Wertungen beinhalteten auch eine Beurteilung der Konstruktion, um fortschrittlichere Reisezeuge zu bauen.

Die Flugzeuge

Da der Wettbewerb ein Wettbewerb von Reiseflugzeugen sein sollte, mussten die teilnehmenden Flugzeuge mindestens in der Lage sein, 2 Personen zu transportieren, auf einem kurzen Platz starten und landen können und eine Strecke mit einer guten Reisegeschwindigkeit bewältigen. Tatsächlich entwickelten Deutschland, Polen, Tschechoslovakei und Italien moderne Sportflugzeuge, um die Wettbewerbsanforderungen zu erfüllen.

Bei Beginn des Wettbewerbs, galten die Heinkel He 64c als Favouriten. Das zahlreichste deutsche Flugzeug war aber die dreisitzige Klemm Kl 32.

Klemm Kl 32 beim Europarundflug: Hier die Maschinen von Otto Cuno und Theo Ostercamp

Beides waren hölzerne Tiefdecker. Italien und die Tschechoslovakei entwickelten ähnliche Tiefdecker; Breda Ba 33 und Praga BH-111. Polen entwickelte den Hochdecker RWD-6 und den Ganzmetall-Tiefdecker PZL-19.

PZL-19

Alle diese Flugzeuge hatten geschlossene Kabinen, starre Fahrwerke und fortschrittliche Flügelmechanik (Vorflügel und Landeklappen). Die anderen Flugzeuge, speziell die französischen, waren modifizierte Serienflugzeuge, weniger modern und hatten weniger Chancen in den technischen Disziplinen.

Die technischen Disziplinen

Am 13. August war der technische Wettbewerb der konkurrierenden Flugzeugkonstruktionen. Weil es ein Wettbewerb für touristische Flugzeuge war, wurden auch solche Dinge wie komfortable Kabine mit gutem Blick, nebeneinander angeordnete Sitze, reichliche Bedienungshebel, moderne Konstruktion, Sicherheitseinbauten und faltbare Flächen bewertet. Die meisten Punkte wurden den polnischen Konstruktionen zugesprochen (86 Punkte an RWD-6, 84 Punkte an die PZL-19), dahinter die italienische Breda Ba-33 (83 Punkte).

Breda Ba-33

Dies gab ihnen einen Vorsprung von ungefähr einem Dutzend Punkten über die am meisten gefürchteten deutschen Designs und machten sie dadurch von nun an zu den Favouriten des Wettbewerbs.

Am 14. August war der Kurzstartwettbewerb, der das Überfliegen eines 8m hohen Hindernisses aus dem Stand erforderte. Dabei war der deutsche Pilot Wolfram Hirth der Beste; der aus der kürzesten Distanz von 91,6m startete; andere Klemms und Bredas waren ebenfalls führend.

….hoppla! Gerissen… (Foto von Helmut Birner) …na also, geht doch!

Danach fand der Kurzlandewettbewerb statt. Das beste Resulat, 92,4m, wurde durch Winifred Spooner erreicht.

Nach der technischen Bewertung und diesen beiden Wettbewerben war die Rangfolge:

Der Italiener Ambrogio Colombo und der Pole Franciszek Zwirko auf RWD-6, beide 161 Punkte. Die Plätze danach wurden durch die Italiener eingenommen, danach die Deutschen und die Polen, danach die Anderen.

RWD-6 bei den Kurzstart-Wettbewerben 1932

Am 15. August war der Langsamflug-Wettbewerb, um die Sicherheit der Flugzeuge zu bewerten. An der Grenze zum Abschmieren flog Frantiszek Zwirko am langsamsten mit 57,6 km/h, der 2. war ein anderer Pole auf RWD-6, Tadeusz Karpinski. Auf diese folgten die Italiener und die deutschen He 64c mit guten Resultaten unter 65 km/h, und dann der Rest.

Am 16. August war der Wettbewerb zum schnellen Falten der Flügel, ein Mittel um Platz in den Hallen zu sparen, und dann ein Wettbewerb zum schnellen Anlassen der Triebwerke. Die grundsätzliche Rangfolge veränderte sich dadurch nur wenig; immer noch waren Zwirko und Colombo gemeinschaftlich an der Spitze.

He-64c beim Kontrollieren der Maximalmaße des gefalteten Flugzeugs

Am 19. August war ein Treibstoffverbrauchstest über eine Distanz von 300km, diesmal waren die deutschen Flugzeuge die besten.

Nach all diesen technischen Disziplinen war die Reihenfolge wie folgt:

1. Ambrogio Colombo (Italien, 247 Punkte)

2. Franciszek Zwirko (Polen, 245 Punkte)

3. Francesco Lombardi (Italien, 242 Punkte)

4./5. Winifred Spooner and R. Donati (Italien, beide241 Punkte)

6. Tadeusz Karpinski (Polen),

dann 2 weiter Italiener.

Der beste deustche Pilot, Reinhold Poss war auf dem neunten Platz mit 234 Punkten.

Vor dem nächstejn Wettbewerb musste Winifred Spooner wegen Sabotage ihres Treibstoffs in der Nähe von Berlin notlanden und beschloss, aufzugeben.

Rennen über Europa

Der 2. Teil des Wettbewerbs war ein 7363 km langes Rennen über Europa, auf der Strecke:

Berlin – Warschau – Krakau – Prag – Wien – Zagreb – Vicenza – Rimini – Rom – Bellinzona – Cannes – Lyon – Stuttgart – Bonn – Paris – Rotterdam – Hamburg – Göteborg – Berlin. 39 Flugzeuge nahmen an dem Rennen teil. Haupt-Wegpunkte waren Rom und Paris Das Rennen startete am 21. August. Von Anfang an versuchten die Deutschen, von ihren schnelleren Flugzeugen zu profitieren und den Punkteverlust in den technischen Disziplinen wieder gut zu machen. Die Italiener wetteiferten mit den Deutschen, die ersten in Rom zu sein. Auf der anderen Seite versuchten die Polen mit ihren langsameren Flugzeugen, eine gute Reisegeschwindigkeit zu halten und Gleichmäßigkeit, die in dem Rennen auch bewertet wurde. Am ersten Tag erreichten die meisten Piloten Wien oder Zagreb, die Italiener Vicenza. Ambrogio Colombo und 3 Deutsche erreichten sogar Rimini. Am 22. August landeten die Wettbewerber in Rom, aber der erste war ein deutscher Pilot. Nur 33 Crews erreichten Rom, 6 gaben auf wegen Un- oder Ausfällen.

Am 23. August hoben die Wettbewerber von Rom ab. An diesem Tag hatte 1 italienische Breda Bruch bei Nizza, eine weitere stürzte an der Wendemarke von Albenga wegen Tragflächenbruchs ab (der Bordmechaniker Susters, Muratori, wurde dabei tödlich verletzt). Weil bereits vor dem Wettbewerb Bianchi auf einer Breda tödlich abgestürzt war, wurden alle italienischen Teams aus dem Wettbewerb genommen. Zu diesem Zeitpunkt führte A. Colombo den Wettbewerb an.

Am 24. August erreichten die 25 übriggebliebenen Crews Paris. Am 27. August beendeten die Wettbewerber das Rennen in Berlin, und der schnellste im gesamten Rennen war der Deutsche Hans Seidemann gewesen, mit einer Durchschittsgeschwindigkeit von 213 km/h auf der Heinkel He 64c. Die nächsten sieben Plätze wurden ebenfalls von Deutschen belegt. Frantiszek Zwirko belegte den 11. Platz, mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 191 km/h.

Nach den technischen Durchgängen und dem Rennen wurde der erste Platz im Gesamt-Klassement von Frantiszek Zwirko mit 456 Punkten gehalten, gefolgt von Reinhold Poss mit 451 Punkten. Fritz Morzik war der fünfte mit 444 Punkten.

Höchstgeschwindigkeits-Wettbewerb

Der letzte Teil des Wettbewerbs war ein Höchstgeschwindigkeitstest, auf einem 300km Dreieckskurs. Start und Landung waren am 28. August auf dem Flugplatz in Berlin-Staaken.

Der Schnellste war Fritz Morzik (He 64c) mit 241.3 km/h, die nächsten 4 Plätze wurden ebenfalls von den Heinkeln gehalten.

Fritz Morzik beim Anlassen in Staaken

Der härteste Rivale von Zwirko, Reinhold Poss auf der Klemm Kl 32, war auf dem siebten Rang (220,7 km/h). Der schnellste Pole war Tadeusz Karpinski (8. Platz, 216,2 km/h, RWD-6), während Zwirko den 13. Platz belegte mit 214,1 km/h.

Minuten konnten über den Gesamtsieg entscheiden. 12 Minuten nach Zwirko startend, landete Morzik nur 83 Sekunden nach Zwirko – hätte er ihn überholt, wäre er der Gesamtsieger gewesen. Poss, der 5 Minuten nach dem Ersten startete, verpasste den Sieg mit 2 Minuten 30 Sekunden.

Nach dem Höchstgeschwindigkeitstest war am 28. August eine Abschlussveranstaltung.

Die Gewinner waren die polnische Crew: Pilot Frantiszek Zwirko und der Mechaniker Stanislaw Wigura, mit 461 Punkten. Ihr Erfolg war nicht nur das fliegerische Können, sondern auch der technische Stand der polnischen RWD-6 (von der Wigura einer der Konstrukteure gewesen war). Wegen Zwirkos Sieg wurde der nächste Wettbewerb in Warschau organisiert.

Der zweite und der dritte Platz wurden gemeinsam von 2 Deutschen gehalten: Fritz Morzik (der Gewinner von 1930, Heinkel He 64c) und Reinhold Poss (Klemm Kl 32V) mit 458 Punkten. Der 5. Platz wurde den Schweizer Robert Frenz auf einer deutschen Klemm Kl 32 belegt. Tadeusz Karpinski auf der anderen RWD-6 belegte den 9. Platz. Der beste Tscheche, Josef Kalla, belegte Rang 16, der beste Franzose Raymond Delmotte Platz 20. Den Wettbewerb bis zum Ende bestanden 24 von 43 Teams: 12 Deutsche, 4 Polnische, 4 Französische, 3 Tschechische und ein Schweizer Team.

1. Franciszek Zwirko (Polen) – RWD-6 – 461 Punkte

2/3. Fritz Morzik (Deutschland) – Heinkel He 64c – 458 Punkte

2/3. Reinhold Poss (Deutschland) – Klemm Kl 32 – 458 Punkte

4. Wolfgang Stein (Deutschland ) – Heinkel He 64c – 453 Punkte

5. Robert Fretz (Schweiz) – Klemm Kl 32 – 452 Punkte

6. Wolf Hirth (Deutschland) – Klemm Kl 32 – 450 Punkte

7/8. Otto Cuno (Deutschland) – Klemm Kl 32 – 447 Punkte

7/8. Hans Seidemann (Deutschland) – Heinkel He 64b – 447 Punkte

9. Tadeusz Karpinski (Polen) – RWD-6 – 443 Punkte

10. Robert Lusser (Deutschland) – Klemm Kl 32 – 437 Punkte

11. Jerzy Bajan (Polen) – PZL.19 – 433 Punkte

16. Josef Kalla (Tschechoslovakei) – Praga BH-111 – 408 Punkte (Der beste Tscheche)

20. Raymond Delmotte (Frankreich) – Caudron C.278 – 265 Punkte (Der beste Franzose)

Weniger als einen Monat nach dem Wettbewerb, starben Franciszek Zwirko und Stanislaw Wigura bei einem Unfall in ihrer RWD-6 während eines Fluges in die Tschechoslovakei in einem Unwetter am 11. September 1932. Auch Reinhold Poss starb bei einem Unfall 1933. Winifred Spooner starb im selben Jahr.

Die Zeitschrift „Flugtechnik und Motorluftschiffahrt“ Nr. 19 v. 14. Oktober 1932 druckte eine genaue Analyse des Wettbewerbs, der hier als pdf-Datei herunterladbar ist. Achtung! 2,4 MByte!

Ergebnistabelle (work in Progress!)